Aki Kaurismäki
Geboren am 04.04.1957 in Finnland
Als Meister minimalistischer und lakonischer Erzählungen über Verlierer aus der Arbeiterklasse ist Aki Kaurismäki in den 80er- und 90er-Jahren zum Inbegriff des finnischen Films geworden. Seine Geschichten, punktgenau, präzise und mit atemberaubenden Ellipsen und Handlungsverkürzungen, berichten von einer Welt resignierter Personen, die teils gegen jede Chance eine Zukunft haben, teils in ihren Dämmerdauerzustand zurückkehren, teils zumindest zeitweise in ihren kleinen Glückssuchen erfolgreich sind.
Aki Kaurismäki wollte Schriftsteller werden, leitete eine Filmzeitschrift, arbeitete in Gelegenheitsjobs und schrieb Drehbücher für seinen zwei Jahre älteren Bruder Mika. Mika finanzierte die ersten drei Filme Akis, bevor die Brüder getrennte Wege gingen. Erste Aufmerksamkeit erlangte Kaurismäki, dessen Filme auf dem Internationalen Forum des Jungen Films der Berlinale liefen, mit der Shakespeare-Adaption "Hamlet Goes Business", in dem der Titelheld Erbe einer Firma für Quietsche-Entchen ist. Den Durchbruch erzielte er mit "Ariel", in dem ein Bergmann wider Erwarten mit Hilfe eines Ganoven (Matti Pellonpää) und einer ihn liebenden Frau (Kati Outinen) an Bord eines Frachters Finnland verlässt. Outinen und Pellonpää prägten Kaurismäkis Kino darstellerisch stark. Pellonpää war der Manager der finnischen Polka-Rock-Band "Leningrad Cowboys", die in zwei Road-Movies skurrile Reiseabenteuer erleben. Für seine Rolle des Malers in "Das Leben der Bohème" erhielt Pellonpää den europäischen Filmpreis. Wie Kaurismäkis bekennender Trinker, starb Pellonpää nach Vollendung des Road-Movies "Tatjana". Kaurismäki widmete ihm einen seiner wenigen hoffnungsvollen Filme: In "Wolken ziehen vorüber" wird im Finale eine Kneipe eröffnet. In "I Hired a Contract Killer", inspiriert von einer Jules-Verne-Geschichte, will sich ein Buchhalter (Jean-Pierre Léaud) von einem unbekannten Killer töten lassen, gewinnt aber im letzten Moment durch die Liebe zu einem Blumenmädchen neuen Lebensmut.
Kaurismäkis sympathisch versponnenen Filme, die immer liebevoll ihren Personen begegnen, sind teils mit verfremdeten Zitaten aus der Filmgeschichte unterlegt, was seinen Höhepunkt in dem Stummfilm "Juha" (1998) fand, einer melodramatischen Dreiecksgeschichte, die mit einem Live-Orchester als musikalischer Begleitung in Berlin uraufgeführt wurde und im Kino eine Musikspur hat.
Nach "Wolken ziehen vorüber" folgt als zweiter Teil einer Trilogie über das gegenwärtige Finnland "Der Mann ohne Vergangenheit". Die Geschichte wirft wieder einen Blick auf die Chancenlosen einer Ellenbogengesellschaft und wurde 2002 in Cannes mit dem Großen Preis der Jury und dem Darstellerinnenpreis für Kati Outinen belohnt. Beim Episodenfilm "Vision of Europe", der fragmentarische Einblicke von 25 Regisseuren in das Vereinte Europa zeigt, beteiligte sich Kaurismäki mit dem Kurzfilm "Bico". Mit "Lichter der Vorstadt" (2006), dem bestechenden Porträt eines einsamen Wachmanns, der einer falschen Verlockung folgend in die Falle tappt, beendet Kaurismäki nach zehn Jahren seine Trilogie. Die Farbgebung des Films zelebriert dieses Spiel mit Blau (Einsamkeit) und Rot (Leidenschaft) im Dekor und in den Kostümen.
Kaurismäkis Helden sind Verkäuferinnen, Fabrikarbeiterinnen, Bergleute, Kleingauner, Polizistinnen und Müllmänner, die größtenteils wortkarg ihr Schicksal hinnehmen. Dramatik wird weitgehend ausgespart. Die Lakonie Kaurismäkis, dessen legendäre Pressekonferenzen ihn als unberechenbar und anekdotenfreudig zeigten, ist in der Filmgeschichte ohne Beispiel. Kaurismäki, der mit der Schauspielerin und Malerin Paula Oinonen verheiratet ist, lebt in Helsinki, wo er in seiner Produktionsfirma Villealfa arbeitet, betreibt seit 1999 Kinos und zieht sich saisonweise auf ein Weingut im Norden Portugals zurück.